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Perfekte Zeit- und Datenmanager

Laudatio zur Vergabe der Auszeichnung „Riegel – KulturBewahren. Preis für Schutz, Pflege und Ausstellen von Kunst- und Kulturgut“ 2018

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Auszeichnung „Riegel - KulturBewahren“ wird heute zum dritten Mal verliehen und ich habe sehr gerne die Aufgabe übernommen, die Tätigkeit des Vereins Registrars Deutschland e.V. aus diesem Anlass zu würdigen. Ich begrüße sehr herzlich den Vorsitzenden dieses Vereins, Herrn Volker Thiel, Registrar bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, Frau Nicole Schmidt als stellvertretende Vorsitzende und Registrar im Deutschen Historischen Museum in Berlin sowie alle weiteren anwesenden Vereinsmitglieder und Fördermitglieder.

Ich finde die Wahl des Vereins als Preisträger unter anderem deswegen so gelungen, weil wir auf zwei Ebenen würdigen: Da ist zum Einem die Arbeit der Registrars in den Museen an sich, die oftmals im Ausstellungsgeschehen im Hintergrund arbeiten, dort eine ungemein verantwortungsvolle Tätigkeit zum Schutze von Sammlungsbeständen jeglicher Art übernehmen und damit sehr genau den Stiftungszweck des „Riegels“ erfüllen. Und da ist zusätzlich die ehrenamtliche Arbeit des Vereins, der sich aktiv für Anerkennung, für Bewusstsein und für Qualität auf diesem Gebiet einsetzt.

Was sind nun Registrars genau und welche Rolle spielen sie für die Bewahrung von kulturellem Erbe? Wie ich festgestellt habe, ist diese Berufsbezeichnung nur Museumsinsidern geläufig – wenn überhaupt.
Beim Schutz von Kulturgütern können sehr unterschiedliche Menschen beteiligt sein. Man braucht unermüdliche Menschen, solche mit viel Zivilcourage. Wir brauchen Menschen mit Enthusiasmus und Verständnis für Kultur und für die einzelnen Objekte, gepaart mit dem Bewusstsein, dass diese nicht auf Dauer versteckt sondern der Öffentlichkeit gezeigt und nahe gebracht werden müssen. Wir brauchen die Beteiligung der Gesellschaft.
Wir müssen Menschen mit Sachkenntnis einbeziehen, diejenigen, die erkennen können was besonders schützenswert ist und warum - die Fachwissenschaftler- und es bedarf der Sachkenntnis darüber, wie man Kulturgüter bewahrt – da sind zum Beispiel die Restauratoren zu nennen. Wir brauchen Institutionen, Strukturen, schützende Dächer sowie finanzielle Mittel, um all dies zu ermöglichen.

Zwischen all diesen Beteiligten, die womöglich alle etwas Gutes wollen, können Interessenskonflikte auftreten. Die einen fordern: „Dieses oder jenes Objekt muss in der Öffentlichkeit gezeigt werden“ und die anderen die sagen: Lieber lege ich mich in Ketten davor, als dass ich zuließe, dass das Objekt etwa in einer Ausstellung irgendeinem Risiko ausgesetzt wird.“ Zwischen den Beteiligten braucht es also Kommunikation und Organisation, d.h. wir brauchen auch Menschen, die Einblicke in alle Bereiche haben, über die Verhältnisse und Regularien Bescheid wissen und bei all der Fülle an Kulturgütern und verantwortlichen Personen den Überblick haben und die Fäden in der Hand halten – und das sind die Registrars!
Der kühle Kopf und Stressresistenz sind wichtige Eigenschaften für sie - aber das allein reicht bei Weitem nicht aus! Sie müssen auf dem neusten Stand sein, wissen, was ethisch ist, was rechtens ist und was sich rechnet. Sie müssen verhandeln können – mit Versicherungen, Transporteuren und vielen anderen Firmen und mit ihrer Erfahrung in der Sache so weit voraus sein, dass sie sich von niemanden etwas vormachen lassen.
Sie agieren international, sie wissen, wie man Saurierskelette, Webstühle, gläserne Kronleuchter oder überdimensionierte Leinwände richtig verpackt über die Grenzen, durch den Zoll, durch viele Hände an den sicheren Ort und zurück bringt. Und das Ganze nicht nur mit einem Objekt, sondern sie müssen ganze Ausstellungen händeln können. Registrars müssen perfekte Zeit- und Datenmanager sein.

Genauso wenig wie den Transporteuren und den Kuratoren dürfen ihnen die Knie weich werden, wenn eine tonnenschwere Skulptur am Kran über dem Ausstellungsgelände hängt oder das filigrane Alabasterobjekt nach langer Reise aus der Kiste in die Vitrine gehoben wird. Sie brauchen ein strenges, waches Auge für das Detail aber auch Augenmaß, wenn es darum geht, finanzschwache Institutionen nicht mit übertriebenen Sicherheitsauflagen zu überfordern. Standfestigkeit und diplomatisches Geschick sind ebenso wichtige Eigenschaften.

2004 wurde der Verein Registrars Deutschland e.V. gegründet, um all denjenigen eine Plattform zu geben, die diese Tätigkeiten in Museen, Galerien und anderen Sammlungen ausüben und vielleicht noch gar nicht wissen, wie man ihren Beruf in seinem Spektrum zwischen Kunstkämmerer und Facilitiesmanager eigentlich nennt- der englischsprachige Begriff aus den 1960er Jahren bedurfte der Adaption.
Gründungsmitglieder 2004 waren Birgid Pudney-Schmidt, Eva Gebhard und Dr. Manfred Müller. Die Bewegung, in die dieser Verein eingebunden war, war von Anfang an international. Anlass der Gründung war der Auftrag des „European Registrars Comittee“, die vierte Europäische Konferenz in Deutschland im Kunstmuseum Wolfsburg auszurichten - es bedurfte einer Organisation. In anderen Ländern Europas waren die Kolleginnen und Kollegen bereits ähnliche Wege gegangen. In England, wo die Museumsentwicklung uns ohnehin weit voraus ist, schlossen sich die Registrar bereits 1979 zusammen, in Frankreich, Mitte der 90er Jahre, andere folgten nach der Vereinsgründung in Deutschland, beispielsweise die Schweiz 2007 und Österreich 2013.
Der deutsche Verein zählt heute mehr als 140 ordentliche Mitglieder und 33 Fördermitglieder. Die Zahl derjenigen, die heute als Registrars tätig sind – zunehmend auch als solche bezeichnet werden – steigt kontinuierlich mit dem Bewusstsein, dass sie Tätigkeiten ausüben, die Kuratoren oder andere Mitarbeiter eben nicht so „nebenbei“ in den Museen erledigen können.

In der Satzung des Vereins steht als Vereinszweck: „Er tritt dafür ein, die für die fachliche Arbeit der Registrars notwendigen beruflichen, finanziellen und personellen Vorrausetzungen zu entwickeln und allgemein anerkannte Standards im gesamten Bereich des Arbeitsfeldes zu schaffen und durchzusetzen.“ Es geht also zum einen um hohe Standards für Kulturgüter aber auch um gute Arbeitsbedingungen für die Registrars selbst.

Die Mitglieder des Vereinsvorstands kamen im Jahr 2015 anlässlich der Messe Exponatec in Köln auf uns Professorinnen und Professoren des Studiengangs Museumskunde der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin zu. Sie hatten Ideen zu einer Zusammenarbeit und machten uns deutlich, dass es gerade im Bereich Ausbildung zum Registrar und auch in der ideellen und finanziellen Anerkennung noch Defizite gab und gibt. Wir haben überlegt, wie man Abhilfe schaffen kann. Die Tätigkeit der Registrars wird oft von Museologen aber auch von aus anderen Studiengängen oder ganz anderen Bereichen kommenden Museumsmitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgeführt, die sich viele Kenntnisse selbst aneignen müssen und dringender Unterstützung bedürfen. Die notwendigen, speziellen Kenntnisse der Registrars über die sich ständig erneuernden Standards können von den museumsrelevanten Studiengängen allein nicht abgedeckt werden.
Wir entwickelten die Idee eines Weiterbildungsseminars, bei dem Interessierte nach einer zwölf Module umfassenden Ausbildung auch ein Zertifikat bekommen können. Das Seminar Qualifizierungsprogramm zum Registrar wird in Kooperation von Verein, Studiengang und Berliner Institut für Akademische Weiterbildung der HTW angeboten und wäre ohne das starke Netzwerk des Vereins nicht denkbar. 25 Fachleute geben dort als Dozentinnen und Dozenten ihr Wissen weiter.
Die Nachricht, dass es diese Weiterbildung gibt, hat sich wiederum über die Netzwerke des Vereins extrem schnell verbreitet. Der erste Kurs, der in diesem Jahr stattgefunden hat, war ausgebucht. Für den zweiten Kurs, der im Februar nächsten Jahres beginnt, gab es schon eine Warteliste lange bevor die Daten des genauen Kursbeginns überhaupt veröffentlicht wurden – und Nicole Schmidt und Volker Thiel berichten auch auf ihren internationalen Treffen von dem Ausbildungsmodell, das mit Sicherheit weiter Schule machen wird.

Bei der Anerkennung der Registrars mit ihrer Tätigkeit des energischen Einsatzes für den Erhalt von Kulturgut sind sicher noch viele Schritte zu gehen. Ich plädiere dafür, dass die im Hintergrund arbeitenden Registrars in Zukunft auch häufiger namentlich bei Ausstellung Erwähnung finden. Heute gehen wir hier einen anderen wichtigen Schritt der Anerkennung:

Den Förderern des Stiftungspreises und Herrn Dr. Berthold Schmitt als Initiator gebührt unser Dank und mein herzlicher Glückwunsch gilt dem Verein Registrars Deutschland e.V. und stellvertretend seinen Vorständen, die mit viel Engagement und Ideenreichtum diesen wichtigen Beruf stützen und damit maßgeblich dazu beitragen, hohe Qualitätsmaßstäbe im Umgang mit Kulturgut in unterschiedlichen Institutionen sicher zu stellen.

Susanne Kähler

Kontakt Prof. Dr. Susanne Kähler